Die derzeit gültige Vorschrift zum Verlustwegfall (§ 8c Körperschaftsteuergesetz (KStG)) unterscheidet sich in einem Punkt grundlegend von ihrer Vorgängervorschrift: Während diese auf die Frage abstellte, ob der Betrieb einer GmbH durch einen Anteilseignerwechsel wirtschaftlich (also inhaltlich) verändert wird, lässt § 8c KStG den Verlustvortrag allein aufgrund der Tatsache untergehen, dass ein Anteilseignerwechsel stattgefunden hat.
Beispiel: Eine Autowerkstatt-GmbH ist defizitär und hat einen umfangreichen Verlustvortrag angesammelt. Der Inhaber der Anteile sieht sich kaufmännisch nicht in der Lage, „das Ruder rumzureißen“, und verkauft seine Anteile an einen neuen Gesellschafter. Der nimmt am Geschäftskonzept nur marginale Änderungen vor und schafft den Turnaround durch engagierten persönlichen Einsatz. Während die alte Vorschrift § 8 Abs. 4 KStG in diesem Fall den Verlustvortrag fortexistieren ließ und der neue Gesellschafter damit die angehäuften Verlustvorträge nutzen konnte, stellt § 8c KStG allein darauf ab, dass ein Gesellschafterwechsel stattgefunden hat – mit der Folge, dass der neue Gesellschafter nach geltendem Recht keinerlei Verlustvorträge nutzen kann.
Immer wieder versuchen Kläger diese harte gesetzliche Regelung vor den Finanzgerichten in Frage zu stellen und argumentieren, dass die neue Vorschrift über den Gesetzeszweck der Missbrauchsvermeidung hinausschießt. Sie beantragen deshalb eine verfassungskonforme Auslegung. Dasselbe gilt für die Streifrage betreffend die Verkürzung einer Beteiligungskette.
Beispiel: A ist Alleingesellschafter der A-GmbH, welche wiederum 100 % der Anteile an der B-GmbH hält. Die A-GmbH wird auf die B-GmbH verschmolzen (sog. Verkürzung der Beteiligungskette). Da bei der B-GmbH juristisch ein Anteilseignerwechsel stattfindet (vorher A-GmbH, nachher A), geht der Verlustvortrag der B-GmbH vollständig unter.
Bei der Verkürzung einer Beteiligungskette ist jedoch offensichtlich, dass kein Anteilseignerwechsel stattgefunden hat. Auch wirtschaftlich wurde der Betrieb der B-GmbH nicht geändert. Eine aktuelle Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf (FG) macht jetzt Hoffnung, denn die Richter urteilten, dass der Verlustvortrag der unteren Gesellschaft nicht untergehe, da die Vorschrift des § 8c KStG hier verfassungskonform auszulegen sei.
Hinweis: Allerdings ist dies nur ein vorläufiger Erfolg, denn die Finanzverwaltung legte gegen das Urteil des FG Revision ein. Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof den Sachverhalt beurteilt und ob die Richter in München ebenfalls eine wirtschaftliche Auslegung des § 8c KStG vornehmen.