Seit 2013 werden Zivilprozesskosten einschließlich Scheidungskosten nur noch dann als außergewöhnliche Belastungen anerkannt, wenn dem Kläger ohne das Gerichtsverfahren die Gefahr drohte, seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können bzw. seine Existenzgrundlage zu verlieren. Doch die steuerrechtlichen Streitigkeiten über Scheidungskosten sind dadurch keineswegs seltener geworden. Und die unterschiedlichen Finanzgerichte (FG) vertreten bis heute unterschiedliche Auffassungen.
Erst kürzlich waren zwei Urteile ergangen, die das Existenzminimum auf den seelischen Bereich ausgeweitet und damit Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen anerkannt hatten. Dem haben nun wiederum zwei FG widersprochen, die den seelischen Bereich nicht vom Gesetz eingeschlossen sehen. Ihren Urteilen nach ist ausschließlich auf das wirtschaftliche Existenzminimum abzustellen. Der Tenor beider Entscheidungen lautet, dass die Anerkennung von Zivilprozesskosten für Scheidungen als außergewöhnliche Belastungen gänzlich ausgeschlossen ist.
Das FG Niedersachsen bezweifelt zudem, dass eine Scheidung überhaupt außergewöhnlich ist – statistisch gesehen. Und das FG Sachsen spricht der Gerichtsbarkeit die Möglichkeit ab, den an sich eindeutigen Wortlaut des Gesetzes weiter auszulegen. Hierbei zieht es unter anderem einen Vergleich zu anderen Zivilprozessen: Auch bei diesen kann die seelische Belastung nämlich so groß werden, dass man von einer außergewöhnlichen Belastung sprechen könnte. Und bei dieser Betrachtungsweise würde das Gesetz gar keinen Sinn mehr ergeben.
Hinweis: Ein erstes, richtungsweisendes Urteil des Bundesfinanzhofs bleibt abzuwarten. Möglicherweise muss der Gesetzgeber früher oder später nachbessern. Bis dahin halten wir Sie auf dem Laufenden.