Im Jahr 2014 entschied der Bundesfinanzhof (BFH), dass eine Gewinnrealisierung bei Planungsleistungen eines Ingenieurs nicht erst mit der Abnahme oder Erteilung der Honorarschlussrechnung erfolgt, sondern bereits in dem Zeitpunkt, in dem ein Anspruch auf Abschlagszahlung nach § 8 Abs. 2 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure in der Fassung von 1996 entsteht.
Hinweis: Einen solchen Anspruch hat der Berufsträger bereits, wenn er die (Teil-)Leistung abnahmefähig erbracht und eine prüfbare Rechnung vorgelegt hat.
Unbedeutend für die Gewinnrealisierung ist nach Ansicht des BFH hingegen, ob und wann die Planungsleistung abgenommen worden ist.
In helle Aufruhr sah sich die Baubranche versetzt, als die Finanzverwaltung das Urteil am 23.12.2014 im Bundessteuerblatt veröffentlichte und sich so für eine sofortige allgemeine Anwendung der Urteilsgrundsätze aussprach. Architekten und Bauingenieure hätten die Grundsätze regelmäßig in ihrer Bilanz auf den 31.12.2014 berücksichtigen und erheblich höhere Bilanzgewinne versteuern müssen.
Mit einem neuen Anwendungsschreiben entschärft das Bundesfinanzministerium (BMF) die Situation und regelt, dass betroffene Berufsträger die neuen Rechtsprechungsgrundsätze erst für nach dem 23.12.2014 beginnende Wirtschaftsjahre anwenden müssen – somit regelmäßig erst ab 2015.
Zudem erklärte das BMF, dass die aus der BFH-Rechtsprechung resultierenden Gewinnerhöhungen über zwei oder drei Jahre verteilt werden dürfen (regelmäßig über 2015 und 2016 oder über 2015, 2016 und 2017).
Hinweis: Das BMF überträgt die neuen Rechtsprechungsgrundsätze zur vorzeitigen Gewinnrealisierung zudem auch auf bestimmte andere Abschlagszahlungen. Da die Sachlage sehr komplex ist, sollten Unternehmer der Baubranche zu dieser Thematik unbedingt auf steuerfachkundigen Rat setzen.