Ihre Krankheitskosten können Sie, sofern Sie diese nicht (von der Krankenkasse) erstattet bekommen, als außergewöhnliche Belastung von der Einkommensteuer abziehen. Ein interessantes Urteil des Finanzgerichts Münster (FG) erinnert nun daran, wie weit solche Krankheitskosten reichen können.
Im Streitfall wollten Eltern die Kosten diverser Seminare steuerlich geltend machen, in denen sie sich unter anderem über das Krankheitsbild ihres Pflegekindes informiert und den Umgang damit gelernt hatten. Bei dem Pflegekind waren frühkindliche Traumata sowie weitere Störungen und Schwächen diagnostiziert worden. Das Finanzamt beurteilte die Seminare als zu weitgreifend und zweifelte an der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen.
Das FG – eine Institution, die eher Juristen als Ärzte beschäftigt – war sich seines fehlenden Sachverstands dagegen bewusst und daher geneigt, der ärztlichen Einschätzung darüber zu folgen, ob bzw. wann bestimmte Maßnahmen medizinisch indiziert sind oder nicht. Diese war im Streitfall auch plausibel erläutert und von einem zweiten Arzt bestätigt worden.
Wenn also der Arzt, der ein Kind betreut, der Meinung ist, dass für das Leben mit der Krankheit des Kindes ein bestimmtes Seminar von Vorteil ist, dann sind die Aufwendungen für die Teilnahme aus steuerlicher Sicht Krankheitskosten und damit als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Ihre Zwangsläufigkeit wird typisierend unterstellt.
Nur wenn eine Krankheit noch gar nicht ausgebrochen ist und es sich insoweit um gesundheitsfördernde Vorbeugekosten handelt, ist die Zwangsläufigkeit und damit die Abziehbarkeit als Krankheitsaufwendungen zu verneinen. Als weiteres Ausschlusskriterium wies das FG zwar auf die erweiterte Nachweispflicht (z.B. durch ein amtsärztliches Gutachten) bei bestimmten Heilbehandlungen wie einer Psychotherapie hin. Da ein medizinisches Seminar aber keine Heilbehandlung ist, ist ein gesondertes Gutachten hier entbehrlich.
Die Eltern aus dem Streitfall konnten ihre Kosten also als außergewöhnliche Belastungen von ihrer Einkommensteuer absetzen.
Hinweis: Ein erst nach der Behandlung erstelltes Gutachten steht – selbst bei einer Zustimmung zur Therapie – der Anerkennung als außergewöhnlicher Belastung entgegen.