Kennen Sie den steuerrechtlichen Unterschied zwischen Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten einerseits und Erhaltungsaufwand andererseits? Die Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten eines Hauses können nur über die Gebäudenutzungsdauer verteilt abgeschrieben werden (zumeist über 33 bis 50 Jahre). Dagegen kann der Erhaltungsaufwand sofort abgezogen werden. Wie gravierend die Auswirkungen dieser Unterscheidung ausfallen können, musste kürzlich ein Grundstückseigentümerehepaar erfahren.
Dieses hatte ein Einfamilienhaus zum Zweck der Vermietung erworben. Nach der Anschaffung hatten die Eheleute sämtliche Fenster austauschen lassen, um das Haus so überhaupt erst vermietbar zu machen. Die Kosten dieser Maßnahme rechneten sie zu den Anschaffungskosten dazu. Ihrer Auffassung nach kam hier eine Regelung des Handelsgesetzbuchs zum Tragen, laut der es sich bei Aufwendungen zur Herstellung der Funktionsbereitschaft eines Vermögensgegenstands um Anschaffungskosten handelt. Ihre Ausgaben für die übrigen Sanierungsarbeiten, die sie hatten durchführen lassen, machten sie als sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand geltend.
Nach dem Urteil des Finanzgerichts Münster (FG) genießt bei der steuerrechtlichen Würdigung der Kosten aber das Einkommensteuergesetz Vorrang vor dem Handelsgesetzbuch. Da mag die Argumentation der Hausbesitzer noch so schlüssig sein. Laut Einkommensteuergesetz gelten die Kosten von Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung anfallen und ohne Umsatzsteuer 15 % der ursprünglichen Anschaffungskosten übersteigen, nun einmal als „anschaffungsnahe Herstellungskosten“. Und diese werden – wie Anschaffungskosten – über die Nutzungsdauer abgeschrieben.
Die finanziellen Auswirkungen dieser Zuordnung sind aus den folgenden Gründen gravierend: Hätten die Kosten des Fensteraustauschs von vornherein als Anschaffungskosten gegolten, wären die übrigen Sanierungsaufwendungen unter der 15-%-Grenze geblieben und hätten sofort steuerlich geltend gemacht werden können. Das FG stellte aber darauf ab, dass sowohl der Austausch der Fenster als auch die anderen Sanierungsmaßnahmen erst nach dem Anschaffungszeitpunkt des Hauses durchgeführt worden waren und steuerlich zusammengehörten. Da ihre Kosten zusammen 15 % der ursprünglichen Anschaffungskosten überschritten, handelte es sich bei sämtlichen Modernisierungskosten um anschaffungsnahen Herstellungsaufwand, der nur über die Nutzungsdauer verteilt abgeschrieben werden kann. Eine Trennung der nachträglichen Kosten darf nicht erfolgen.
Das Gesetz typisiert hier in der Tat sehr stark – und zwar aus folgendem Grund: Der Sachbearbeiter im Finanzamt soll nicht in die Verlegenheit kommen, eine Unterscheidung der Kosten vornehmen zu müssen. Im Zweifel müsste so etwas ein Gutachter übernehmen. Das Hausbesitzerpaar musste sich daher mit der langwierigen Abschreibung sämtlicher Modernisierungskosten zufriedengeben.
Hinweis: Das letzte Wort ist auch in diesem Fall noch nicht gesprochen. Der Bundesfinanzhof wird den Sachverhalt in einem Revisionsverfahren noch einmal beleuchten. Wir beobachten die Rechtsprechung für Sie; falls nötig, informieren wir Sie wieder.