Als aufmerksamer Leser unserer Mandanten-Informationen wissen Sie sicher, dass Sie bei einer Auswärtstätigkeit seit 2014 nicht mehr immer die kompletten Fahrtkosten als Werbungskosten ansetzen können, sondern teils nur noch die Entfernungspauschale. Der Grund ist der Wegfall der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ und die gesetzliche Einführung der „ersten Tätigkeitsstätte“. Wenn der Betrieb typischerweise arbeitstäglich aufgesucht und von dort aus die Arbeit – beispielsweise eine Auswärtstätigkeit – aufgenommen wird, ist ein Ansatz der Fahrtkosten in der Regel nur noch in Höhe der Entfernungspauschale zulässig. Denn der Gesetzgeber nimmt in diesem Fall einen Sammelpunkt im Betrieb an, der steuerlich wie eine erste Tätigkeitsstätte behandelt wird.
Doch wie ist das eigentlich, wenn der Betrieb nicht arbeitstäglich, sondern nur an zwei-drei Tagen oder sogar nur an einem Tag pro Woche aufgesucht wird? Kann das Finanzamt auch dann einen Sammelpunkt und damit eine erste Tätigkeitsstätte annehmen?
Zumindest das Finanzgericht Nürnberg (FG) verneint diese Frage. Geklagt hatte ein Vorarbeiter mit Einsatzwechseltätigkeit – also einer typischen Auswärtstätigkeit. Das Finanzamt hatte seine Aufwendungen für die Fahrten von seiner Wohnung zur Arbeit für die Tage reduziert, an denen er seinen Stammsitz aufgesucht hatte (montags), und für diese nur die Entfernungspauschale als Werbungskosten zum Abzug zugelassen. Zwar meinte auch das Finanzamt, dass der Betrieb mangels arbeitsrechtlicher Zuordnung keine erste Tätigkeitsstätte darstellte, aber einen Sammelpunkt nahm es dennoch an.
Das FG stellte klar: Für die Annahme eines Sammelpunkts reicht es nicht aus, dass der Betrieb nur an einem von fünf Arbeitstagen pro Woche aufgesucht wird. Denn die gesetzliche Vorgabe lautet „typischerweise arbeitstäglich“. Die Klage des Vorarbeiters hatte also Erfolg, er durfte seine Fahrtkosten komplett von der Einkommensteuer absetzen.
Hinweis: Wie die Beurteilung bei zwei-, drei- oder viermaligem Aufsuchen des Betriebs pro Woche ausgefallen wäre, ließ das Gericht leider unbeantwortet. Außerdem hat das Urteil aufgezeigt, dass auch ohne arbeitsvertragliche Zuordnung eine erste Tätigkeitsstätte existieren kann.