Wenn Sie einen wesentlichen Anteil an einer Kapitalgesellschaft (mindestens 1 %) gegen eine Leibrente verkaufen, müssen Sie den dabei entstehenden Veräußerungsgewinn nicht zwingend sofort versteuern; alternativ können Sie die bezogenen Rentenzahlungen später als nachträgliche Betriebseinnahmen besteuern lassen. Diese sogenannte Zuflussbesteuerung wählte kürzlich ein Unternehmer aus Baden-Württemberg, dessen Fall nun vor dem Bundesfinanzhof (BFH) verhandelt wurde. Aufgrund von Anteilsveräußerungen in den Jahren 1999 und 2000 hatte er in 2004 eine Leibrente von insgesamt 400.000 € bezogen, die er in seiner Einkommensteuererklärung 2004 jedoch nur hälftig angab, da er das ab dem Jahr 2001/2002 eingeführte Halbeinkünfteverfahren für anwendbar hielt. Das Finanzamt besteuerte die Rente allerdings in voller Höhe und erklärte, dass nachträgliche Betriebseinnahmen nach der Rechtslage besteuert werden müssen, die im Zeitpunkt der zugrundeliegenden Veräußerung galt. Da das Halbeinkünfteverfahren bei den Anteilsverkäufen in den Jahren 1999 und 2000 noch nicht existierte, müsse der volle Betrag versteuert werden.
Der BFH gab dem Unternehmer allerdings Recht und entschied, dass die Rechtslage zum Zeitpunkt des Einnahmezuflusses (somit 2004) maßgeblich ist und der Unternehmer somit das Halbeinkünfteverfahren für seine Rente beanspruchen kann.
Hinweis: Das Bundesfinanzministerium vertritt bislang noch die Auffassung, dass zur Frage der Anwendbarkeit des Halbeinkünfteverfahrens auf den Zeitpunkt der Veräußerung abgestellt werden muss, so dass es in Fällen wie dem Urteilssachverhalt zu einer kompletten Versteuerung der Rente kommt. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung angesichts der neuen anderslautenden Rechtsprechung in dieser Frage einlenken wird. Wem seine Rentenzahlungen in voller Höhe besteuert wurden, obwohl sie ihm erst nach 2001/2002 zugeflossen sind, kann Einspruch gegen seinen Steuerbescheid einlegen und auf das BFH-Urteil verweisen, um seinen Fall bis zur weiteren Klärung offenzuhalten.