Unterrichtsleistungen: Umsatzsteuerfreiheit kann sich direkt aus EU-Recht ergeben

Das deutsche Umsatzsteuerrecht stellt Leistungen privater Schulen und anderer Einrichtungen sowie Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer unter gewissen Voraussetzungen umsatzsteuerfrei. Daneben schreibt auch das EU-Recht in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) vor, wann die EU-Staaten Leistungen im Bildungssektor von der Steuer befreien müssen.

Ein neuer Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) zeigt, dass bestimmte Unterrichtsleistungen, die sich nach nationalem Recht als steuerpflichtig darstellen, nach vorrangigem EU-Recht durchaus steuerfrei sein können. Im zugrundeliegenden Entscheidungsfall hatte ein freier Mitarbeiter im Besuchsdienst des Deutschen Bundestages Vorträge und Führungen im Parlament angeboten. Er referierte dabei über die deutsche Parlamentsgeschichte, die Funktion, Struktur und Arbeitsweise der deutschen Volksvertretung sowie die demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse; zu seiner Zielgruppe gehörten in erster Linie Schülergruppen. Das Finanzamt sah seine erbrachten Leistungen als umsatzsteuerpflichtig an und erließ entsprechende Umsatzsteuerbescheide für mehrere Altjahre. Der dagegen gerichtete Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) hatte nun vor dem BFH Erfolg. Das Gericht entschied, dass ernstliche Zweifel an der Steuerpflicht der Leistungen bestanden.

Zunächst einmal stellte das Gericht fest, dass sich die Leistungen nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz tatsächlich als steuerpflichtig darstellen. Fraglich war allerdings, ob diese Steuerpflicht in Einklang mit dem EU-Recht stand, denn der freie Mitarbeiter erfüllte nach überschlägiger Prüfung die Befreiungstatbestände der MwStSystRL. Insbesondere hatte er „Schulunterricht“ im Sinne der EU-Vorschriften erteilt, da er in seinen Führungen und Vorträgen staatspolitische und historische Themen behandelte und es seine Aufgabe war, die Ausbildung in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen zu vervollständigen.

Hinweis: Da es sich um einen AdV-Beschluss handelte, musste der BFH lediglich eine überschlägige Prüfung des Falles vornehmen. Es bleibt abzuwarten, ob sich die vom Gericht geäußerten ernstlichen Zweifel an der Steuerpflicht im Hauptsacheverfahren erhärten werden.