Das Finanzgericht Düsseldorf hat entschieden, dass die Kosten für einen Zivilprozess aus Anlass einer Kindesentführung als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden können.
Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung 2014 Prozesskosten i. H. v. ca. 20.600 Euro als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt ließ die Aufwendungen nicht zum Abzug zu und berief sich darauf, dass der Kläger nicht nachgewiesen habe, inwiefern seine Existenzgrundlage gefährdet sei.
Dagegen wandte sich der Kläger mit Einspruch und Klage. Er machte geltend, dass die Prozesskosten dadurch entstanden seien, dass seine frühere Ehefrau die gemeinsame, im Streitjahr zwei Jahre alte Tochter nach Südamerika entführt habe. Die Prozesskosten wegen des Umgangsrechts mit seiner Tochter beträfen einen Kernbereich des menschlichen Lebens und unterlägen nicht der Abzugsbeschränkung.
Das Finanzgericht Düsseldorf hat der Klage stattgegeben und die geltend gemachten Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Es handele sich um Aufwendungen, ohne die der Kläger Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Das Finanzgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass der Begriff „Existenzgrundlage“ zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Art. 6 des Grundgesetzes (Schutz von Ehe und Familie) verfassungskonform auszulegen sei. Erfasst werde nicht nur die materielle, sondern auch die immaterielle Lebensgrundlage. Dazu gehöre der Kernbereich menschlichen Lebens, wozu auch die Eingebundenheit einer Person in eine Familie zähle. Der bei einem Kind wie bei den Eltern vorhandene Wunsch nach gegenseitiger Liebe und Nähe sei ein elementares menschliches Bedürfnis.
Im Streitfall sei die (immaterielle) Existenzgrundlage des Klägers ohne ein Umgangsrecht mit seiner Tochter und deren Rückführung nach Deutschland gefährdet. Der Prozess sei für den Kläger die einzige (legale) Möglichkeit gewesen, seine von der Kindesmutter ins Ausland entführte Tochter nach Deutschland zurückzuholen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig; das Finanzgericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen.