Das Internet vergisst nichts – insbesondere potentielle Arbeitgeber können sich daher in Sekundenschnelle über die Vergangenheit ihrer Bewerber informieren. Zum Betätigungsfeld vieler Anwälte gehört es daher, für ihre Mandanten die Löschung belastender Netzeinträge durchzusetzen.
Auch ein verurteilter Straftäter aus Baden-Württemberg hat im Jahr 2008 solche Anwälte beauftragt, um die mediale Berichterstattung über seine Person zu unterbinden. Er war wegen einer Vergewaltigung rechtskräftig zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Weil ihm sein Arbeitgeber nach dem Bekanntwerden des erstinstanzlichen Urteils außerordentlich gekündigt hatte, befürchtete der Mann, dass er auch nach seiner Freilassung keine Anstellung mehr findet. Er beauftragte daher spezialisierte Anwälte damit, die Löschung entsprechender Internetartikel voranzutreiben; aufgrund zahlreicher zivilprozessualer Verfahren zahlte er hierfür insgesamt 53.000 €, die er als Werbungskosten oder ersatzweise als außergewöhnliche Belastungen geltend machen wollte.
Der Bundesfinanzhof (BFH) erkannte die Kosten jedoch nicht steuerlich an und argumentierte wie folgt:
Werbungskostenabzug: In der Vorinstanz hat das Finanzgericht zu Recht entschieden, dass die Prozesskosten keinen hinreichenden Veranlassungszusammenhang zu einer steuerbaren beruflichen Tätigkeit aufwiesen, so dass kein Werbungskostenabzug in Betracht kommt. Der BFH hält es für naheliegend, die geltend gemachten Aufwendungen als Folgekosten einer privat motivierten Straftat einzuordnen.
Außergewöhnliche Belastungen: Zivilprozesskosten sind nur als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Nach Ansicht des BFH wurde der Kläger nicht dergestalt in rechtswidriger Weise in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt, dass eine solche existenzielle Bedeutung vorlag. Zwar wird das Recht auf Schutz der Persönlichkeit zwangsläufig beeinträchtigt, wenn die Medien über ein Strafverfahren unter namentlicher Nennung des Beschuldigten berichten. Allerdings gehört es zu den legitimen Aufgaben der Medien, Straftaten aufzuzeigen und hierüber zu berichten, so dass der Beschuldigte die Berichterstattung grundsätzlich hinnehmen muss. Dies gilt erst recht, wenn er wegen der Straftat tatsächlich verurteilt wird.
Hinweis: Der BFH betonte, dass im Entscheidungsfall die zeitnahe Berichterstattung der Medien verhindert werden sollte, die grundsätzlich akzeptiert werden muss. Offen ließ das Gericht, ob Zivilprozesskosten möglicherweise dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, wenn Presseberichte längst vergangene Straftaten wieder „aufwärmen“. Der BFH verweist in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach mit zunehmender zeitlicher Distanz zu einem Strafverfahren (und nach der Befriedigung des aktuellen Informationsinteresses der Öffentlichkeit) das Interesse des Betroffenen, von einer Reaktualisierung seiner Verfehlungen verschont zu bleiben, zunehmend an Bedeutung gewinnt. In diesem Fall könnte also das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor der Medienberichterstattung schützen.