Außerordentliche Einkünfte wie Abfindungen und Entlassungsentschädigungen unterliegen einem ermäßigten Einkommensteuersatz. Der Steuergesetzgeber will so Progressionsnachteile ausgleichen, die ein entschädigungsbedingt erhöhtes Einkommen bei regulärer Besteuerung nach sich ziehen würde.
Hinweis: Unter Steuerprogression versteht man die Zunahme der prozentual zu zahlenden Steuer bei steigendem Einkommen.
Eine ermäßigte Besteuerung setzt daher zweckentsprechend voraus, dass dem Empfänger die Entschädigungsleistungen zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zugeflossen sind. Wurden sie in mehreren Teilbeträgen über mehrere Veranlagungszeiträume verteilt ausgezahlt, kommt es nicht zu nennenswerten Progressionsnachteilen, so dass in der Regel auch kein Anlass für eine ermäßigte Besteuerung besteht.
Bislang hat die Finanzverwaltung eine ermäßigte Besteuerung noch zugelassen, wenn eine Teilleistung von maximal 5 % der Hauptleistung in einem anderen Jahr als die Hauptleistung zur Auszahlung kam. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat diese Nichtbeanstandungsgrenze nun für alle offenen Fälle auf 10 % hochgesetzt und ist damit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gefolgt, der die ermäßigte Besteuerung in einem Urteil aus 2015 noch bei einer abweichend gezahlten Teilleistung von 9,73 % der Hauptleistung gewährt hatte.
Ergänzend hat das BMF nun erklärt, dass eine ermäßigte Besteuerung ab sofort auch dann in Betracht kommt, wenn die abweichend gezahlte Teilleistung niedriger ist als der Steuervorteil, der sich aus der ermäßigten Besteuerung der Hauptleistung ergibt.
Hinweis: Auch diese zweite Nichtbeanstandungsregel entstammt der neuen BFH-Rechtsprechung. Im zugrundeliegenden Urteilsfall hatte ein Arbeitnehmer in 2011 eine betriebliche Abfindung von 104.800 € erhalten, eine Teilzahlung von 10.200 € war ihm bereits in 2010 zugeflossen. Der BFH erklärte, dass die Einkommensteuer für 2011 bei regulärer Besteuerung der Hauptleistung 37.273 € betragen würde, bei ermäßigter Besteuerung jedoch nur 26.467 € – somit 10.806 € weniger. Die Teilleistung von 10.200 € ist somit niedriger als der Steuervorteil. Würde man dem Steuerzahler in dieser Konstellation die ermäßigte Besteuerung der Hauptleistung verwehren, stünde er besser da, wenn er die Teilzahlung gar nicht erhalten hätte. Die Teilzahlung würde noch nicht einmal den steuerlichen Nachteil ausgleichen, den sie verursacht – ein wirtschaftlich unsinniges Ergebnis.